Der nach dem österreichischen Friedensnobelpreisträger 1911 Alfred Fried benannte, von Edition Lammerhuber, Photographischen Gesellschaft, UNESCO, Österreichischem Parlament, der Vereinigung der Parlamentsjournalistinnen und –journalisten sowie dem International Press Institute (IPI) vergebene und mit 10.000 Euro dotierte Hauptpreis ging an die deutsche Fotografin Helena Schätzle für eine in Israel entstandene Porträtreihe von Holocaust-Überlebenden. Auf sensible Weise habe Schätzle „späte Momente von Trost, Zärtlichkeit und Intimität im Leben jener eingefangen, die von einer schrecklichen Geschichte verfolgt worden sind, späte Momente des Glücks in einem traumatisierten Leben nach dem Überleben“, hieß es in der Begründung der internationalen Jury.
In ihrer Begrüßungsrede vor 250 Gästen würdigte die Präsidentin des Österreichischen Nationalrats Doris Bures den Alfred Fried Award als „eine immer wichtiger werdende Veranstaltung“ in einer Zeit, in der „die Friedenssehnsucht weltweit“ wachse. Bures bezeichnete es als „unendlich schmerzlich“, dass es der Staatengemeinschaft noch immer nicht gelungen sei, für ein Kriegsende in Syrien zu sorgen.
Wie schon im Vorjahr hielt die Hauptrede des Abends ein Friedensnobelpreisträger. Abdessatar Ben Moussa, Präsident der tunesischen Menschenrechtsliga, die als Mitglied des nationalen Dialog-Quartetts den Friedensnobelpreis 2015 erhalten hat, forderte, Frieden „zu einem Menschenrecht zu machen“. Eine „Kultur des Friedens“ müsse „Lehrfach in allen Schulen werden“. Noch aber würden Staaten weltweit mehr Kosten für den Krieg aufwenden als für den Frieden. Nicht zuletzt das Vetorecht im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhindere friedliche Lösungen.
Der syrische Menschenrechtsaktivist Mazen Darwish, 2015 nach internationalen Protesten aus der Haft des Assad-Regimes entlassen, nachdem er wegen seiner Berichte über Menschenrechtsverletzungen in seinem Land zunächst unter Terror-Anklage gestellt worden war, erinnerte im Namen des International Press Institute jener Fotografen, die im Laufe des letzten Jahres in Ausübung ihres Berufes ermordet wurden. Er erinnerte daran, dass zwischen September 2015 und September 2016 mindestens 69 Journalisten ihr Leben verloren haben. Solche, die versucht hätten, die Geschichte der Opfer von Kriegen vor Augen zu führen. Geschichtsschreiber huldigten gewöhnlich den Siegern. Es komme aber darauf an, die andere Seite zu zeigen.
Der diesjährige Jury-Vorsitzende Rolf Nobel, langjähriger Professor für Fotografie an der Fachhochschule Hannover, sagte in seiner Laudatio „wenn es die Aufgabe eines Mediums wie der Fotografie ist, alle Themen menschlichen Daseins darzustellen, dann ist es immens wichtig, den Bilderfluten der Kriege die Bilder des Friedens an die Seite zu stellen. Umso größer ist daher meine Freude, dass der Alfred Fried Photography Award nach nur vier Jahren schon eine enorme Strahlkraft entwickelt hat“.
Der Organisator des Alfred Fried Photography Awards, Lois Lammerhuber, wies in seiner Rede darauf hin, dass „seit der Erfindung der Smartphone-Fotografie eine kulturelle Revolution im Gange ist, die eine völlig neue Ära unseres Verständnisses der Welt eingeleitet hat. Und dieses Verständnis wird nonverbal mit Bildern kommuniziert. Wenn es gelingt, mit der so einfachen Frage „Wie sieht Frieden aus?“ das Samenkorn visuellen Nachdenkens in die Herzen und Köpfe der Menschen zu pflanzen, dann wird dieser Fotowettbewerb dazu beitragen, die Welt zumindest ein wenig zu bessern“.
Zum Alfred Fried Photography Award 2016 wurden 16.883 Bilder von Fotografen aus 127 Ländern eingereicht. Die Jury, zu der Fotografen, Fotojournalisten, Blattmacher, Repräsentanten von Fotoverbänden und der Unesco, aus Österreich, Deutschland, Frankreich, Norwegen, Finnland, China und den USA gehören, zeichnete neben Helena Schätzle vier weitere Fotografen aus.
Alfred-Fried-Photography-Award-Medaillen gingen an:
Den niederländischen Fotografen Chris de Bode für I Have a Dream, eine Serie über die Zukunftsträume von Kindern in Ländern wie Haiti, Liberia, Uganda, Mexiko und Indien.
Den in Kaschmir geborenen Fotografen Altaf Quadri für School For The Less Fortunate, eine Schwarz-Weiß-Reportage über eine provisorische Armenschule unter einer Brücke in New Dehli.
Den usbekischen Fotografen Boris Register für Eclipse Time, eine Reportage über das Alltagsleben in der russischen Provinz.
Sowie die türkische Fotografin Leyla Emektar für Peace And Tranquility, den malerisch und fotografisch umgesetzten Traum einer behüteten Kindheit.
Bei der Preisübergabe an die Gewinnerin Helena Schätzle sagte Jury-Mitglied Peter-Matthias Gaede, er freue sich, in seiner Zeit als GEO-Chefredakteur bereits eine andere Arbeit von Schätzle publiziert zu haben. Die 1983 geborene, in Kassel wohnende Fotografin hat dort von 2004 bis 2009 eine Studium der visuellen Kommunikation an der Kunsthochschule absolviert, anschließend Fotojournalismus an der Fachhochschule Hannover studiert. Sie ist Mitglied der Bildagentur laif, arbeitet freiberuflich für Magazine, Zeitungen und Menschenrechtsorganisationen, hat mehrere Jahre Fotografie in Indien gelehrt und ist bereits mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem „Canon Profifoto Förderpreis“ und von der Stiftung Buchkunst. Gaede sagte, an Schätzles Arbeit habe die Jury überzeugt, „mit welcher Sensibilität und welchem Einfühlungsvermögen die Fotografin die Gefühle von Überlebenden der Shoah in ihren Bildern eingefangen“ habe. Man merke ihren Bildern die Vorsicht, aber zugleich auch das aufrichtige Interesse an, mit der sich eine junge Deutsche auf ein heikles Terrain begeben habe; man sehe „zugleich die Zuneigung, die sie zu den Überlebenden des Holocaust hatte, wie die Zuneigung, die sie von ihnen erfuhr“.
Das Friedensbild des Jahres 2016 aus Schätzles Israel-Serie wird für ein Jahr über dem Eingang zum Plenarsaal des österreichischen Parlaments hängen.
Die Siegerbilder:
Helena Schätzle, Deutschland: Devoted to Life
Boris Register, Russland: Eclipse Time
Chris de Bode, Niederlande: I Have a Dream
Leyla Emektar, Türkei: Peace and Tranquility
Altaf Qadri, Indien: School For The Less Fortunate